Resilient, achtsam, selbstwirksam – trendige Buzzwords oder bringt mir das wirklich etwas?

Achtsamkeit & Resilienz – was bedeutet das? 

Mindful Leadership, Achtsame Unternehmenskultur, Resilienz- & Achtsamkeitstrainings, MBSR Programme, Resilienzworkshops für Führungskräfte und Mitarbeiter – man hört die Themen Achtsamkeit und Resilienz (steht für: Widerstandskraft) gerade überall. Ich bin als Coach und Wirtschaftspsychologin auch mit diesen Themen in Unternehmen unterwegs und verstehe darunter die sinnvolle Aufgabe, Menschen näher an sich selbst heranzuführen. Um ihnen über die Stärkung der Verbindung mit sich selbst ein Bewusstsein und eine eigene, innere Stabilität zurückzugeben, die ihnen vielleicht abhandengekommen ist oder die sie nie gewohnt waren aus sich selbst herauszu spüren. Frei nach dem Motto: „Spürst du schon oder denkst du nur?“

 

Wir sind gewohnt im Außen nach Antworten zu suchen.

Ein Ergebnis des „Antworten-im-Außen-suchen“ ist das aktuelle System von Wachstum und ständiger Zielerreichung – oder auch andersherum. Wir hetzen einem Ziel nach dem anderen nach und lassen uns dadurch fremdsteuern bzw. von außen motivieren. Psychologisch nichts Neues, sondern eine ganz klare behavioristische Kausalreaktion: Reiz von außen führt zu Reaktion und so zu einem Ergebnis. Aber sind wir Menschen nicht wesentlich komplexer als Reiz-Reaktion?

Das Schwierige daran ist, dass wir es so über viele Jahre gewohnt sind und uns die Ziele auch Sicherheit und Stabilität geben, die es uns leicht machen einfach so weiter zu machen. Aus vielen Gesprächen mit Führungskräften, meinen Beratungs- und Coaching-Klienten weiß ich, dass dadurch eine Art Automatismus entsteht und irgendwann die Zielerreichung nur noch eine Millisekunde dauert ohne den Moment zu genießen. Das nächste Ziel verlangt schon unsere Aufmerksamkeit.

Das heißt wir sind nur noch dabei von einem Ziel zum nächsten zu rennen? Aber wofür, wenn wir noch nicht mal den Moment der Zielerreichung genießen, durchatmen können und den Erfolg feiern?

Die Achtsamkeits- und Resilienz Bewegung dreht die Perspektive um: sie stellt Antworten in den Mittelpunkt, die wir bei uns selbst finden und öffnet den Zugang zu einer intuitiven, eigenverantwortlichen Gestaltung von Privat- und Berufsleben.

 

„Rennen“ braucht Sinn & Richtung, weniger Ziele.

  • Wann warst du das letzte Mal so richtig stolz auf dich?
  • Wann hast du dich das letzte Mal so richtig in deinem persönlichen Potential und kraftvoll gefühlt?
  • Wann war dir das letzte Mal bewusst, warum du tust, was du tust und du deine aktuelle Tätigkeit und Rolle ausübt?

Achtsamkeit ist eine Methode, die uns dabei unterstützen kann wieder bewusster mit uns selbst zu sein – auszusteigen für einen Moment aus dem eigenen „Hamsterrad“ und uns einen ehrlichen Moment mit uns selbst zu schenken. Aktuell entscheiden wir sehr viel nur mit dem Kopf und unserer Ratio. Wir lernen durch Achtsamkeitsmethoden uns wieder mit unserem ganzen Körper zu verbinden und so auch einen Zugang zu unserer Intuition und unserem impliziten Wissen zu erreichen. Jeder von uns kennt das sicher, einen Moment, in dem uns unser Gefühl ganz eindeutig eine Antwort gibt. Manche Menschen werden es Bauchgefühl nennen, die Wissenschaft nennt es Intuition. „Intuition lässt sich als eine unbewusste Urteilsbildung beschreiben, die durch einen gedanklichen Impuls oder eine Körperwahrnehmung rasch ins Bewusstsein auftaucht, deren tiefere Gründe aber rational nicht nachvollziehbar sind (Gigerenzer 2008).“

Wenn wir im Stress sind, also in unserem Hamsterrad zum Ziel rennen, können wir unsere intuitiven Impulse nicht spüren, dann greifen meistens instinktive Impulse wie „Fight-and-Flight“Reaktionen, z.B. schnelle Ergebnisse, Bedürfnisverdrängung oder Ellenbogenmentalität.

Doch, wenn wir Achtsamkeit üben und uns Ruhemomente einbauen, in welchen wir in uns hineinhorchen, dann finden wir heraus was wir wirklich entscheiden möchten und was der nächste richtige Schritt ist – für uns und unser Umfeld. Dann sind wir in authentischer Verbindung mit uns selbst, unserem ganz persönlichen Sinn und den Werten, die uns wichtig sind und für die wir einstehen möchten. Selbst für einen Sinn und eigene Werte zu stehen, motiviert so viel stärker als ein Ziel, dem wir nacheifern.

 

Resilienz ist das Ergebnis eines bewussten Umgangs mit uns selbst – auch in stürmischen Zeiten.

Wenn wir regelmäßig achtsame Momente in unser Privat- und Berufsleben einbauen und ehrlich selbst reflektieren, dann beginnt ein persönlicher Entwicklungsprozess. Dann steigen wir aus der Fremdsteuerung aus und beginnen wieder uns selbst zu führen. Nach und nach schaffen wir es uns selbst Antworten zu geben, in unser eigenes Wissen zu vertrauen und erlangen so mehr Stabilität und Vertrauen. Durch das gesteigerte Selbstvertrauen müssen wir weniger Antworten im Außen suchen, sondern fangen an, diese intuitiv in uns selbst zu finden. Aus diesen Antworten entstehen eine klare, sinngebende Ausrichtung und eine gestärkte Persönlichkeit. Denken wir nun an die Metapher eines Sturmes. In welchem Sturm fühlst du dich manchmal? Denke an alle Herausforderungen und Aufgaben, die gleichzeitig auf dich einprasseln.

Gerade dann, wenn unser Stresslevel besonders groß ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir aus unserer eigenen Kraft und Balance fallen.

Wenn wir aber regelmäßig Achtsamkeitsübungen praktizieren und bewusst uns und unsere Szenarien selbst reflektieren, dann erlangen wir mehr Festigkeit und Flexibilität in unserer Persönlichkeit und somit Widerstandskraft, also Resilienz, auch für stressige, stürmische Zeiten. Diese Aussage wird durch die Ergebnisse diverser Studien zu den Effekten von Achtsamkeit wissenschaftlich belegt, z.B. Math Janssen et al. (2018) haben in ihrem Paper Effects of Mindfulness-Based Stress Reduction on employees’ mental health: A systematic review* das klare Ergebnis zusammengetragen, dass die stärksten Ergebnisse der Studien in einer verminderten emotionale Erschöpfung (eine Dimension des Burnout), Stress, psychische Belastung, Depression, Angst und beruflicher Stress zu sehen waren. Sie fanden auch eine signifikante Zunahme von Achtsamkeit, persönlicher Leistung (eine Dimension des Burnout), (beruflichem) Selbstmitgefühl, Schlafqualität und Entspannung.

 

Achtsamkeit & Resilienz lernen – wann und wie wirksam & wann eher nicht?

Es gibt aktuell sehr viele Trainingsformate, die Achtsamkeit & Resilienz vermitteln. Die Gefahr, die ich bei sehr vielen Ansätzen sehe, ist die punktuelle Trainingseinheit und die Abwendung von einem persönlichen Entwicklungsprozess. Denn, wie oben beschrieben, wird man nicht direkt achtsam oder resilient, wenn man ein Training belegt. Achtsamkeit ist 1.) ein Prozess mit vielen Perspektivwechseln, Übungseinheiten und Reflektionsschritten und 2.) ein Weg, um sich besser kennenzulernen, zu verstehen und nach dem eigenen Sinn auszurichten. Das passiert nicht in einem Training, sondern das ist Persönlichkeitsentwicklung – sei es in einem Prozess für sich selbst, als Führungskräfte im Team oder auch als Unternehmen, wenn man Achtsamkeit als Wert in der Unternehmenskultur leben möchte. Resilienz ist ein Ergebnis aus diesem Prozess mit sich selbst, welcher durch Höhen und Tiefen zu mehr Widerstandkraft und Vertrauen in sich selbst führt.

Wie hat Laotse schon gesagt: „Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“ Alles andere ergibt sich auf dem Weg…

 

 

 

* Quelle: Math Janssen et al. (2018). Effects of Mindfulness-Based Stress Reduction on employees’ mental health: A systematic review.

Resilient, achtsam, selbstwirksam – trendige Buzzwords oder bringt mir das wirklich etwas?