„Du bist nicht gut genug!“
„Du kannst das nicht.“
„Du musst noch viel lernen.“
„Dafür bist du noch nicht bereit.“
Findet ihr euch wieder?
So spricht mein Verstand manchmal mit mir, und wie ich aus meinen Coachingprozessen weiß, auch der Verstand vieler meiner Klienten.
Wir machen uns in unserer Gedankenwelt oft klein und werten Situationen und Personen ab. Denn häufig, wenn etwas auftaucht, was Spannung erzeugt– sei es ein neuer Job, eine Präsentation oder Veranstaltung, eine neue Herausforderung oder ein potentieller Partner – dann wird unsere Stimme innerlich ganz laut. Nennen wir sie die Fanfaren der Selbstzweifel. Und die haben eine ganz schön ordentliche Lautstärke!
Sie melden sich immer dann, wenn man sie am wenigsten braucht, z.B. vor einem Projekt Pitch, Bewerbungs- oder Mitarbeitergespräch oder auch vor einem Date. Und dann ziehen sie einen richtig runter. „Ich habe das Gefühl, ich werde dann wieder zum kleinen Mädchen“, beschreibt es eine Klientin sehr treffend. Dabei sind wir doch erwachsene Männer und Frauen und haben schon viel Erfahrung gesammelt. Außerdem kennen wir uns auch schon einige Jahre, reflektieren uns regelmäßig und nehmen Feedback ernst.
Trotzdem ist sie da: die Stimme der Selbstzweifel.
Woher kommt unsere negative innere Stimme?
Es gibt eine psychologische Theorie des inneren Kindes, davon habt ihr vielleicht schon mal gehört. Nach dieser Theorie haben wir 3 Instanzen, die unsere Handlungen beeinflussen: 1) das Sonnenkind, 2) das Schattenkind und 3) unser innerer Erwachsener.
Die Selbstzweifel produziert das Schattenkind. Das Schattenkind steht für unseren verletzten und labilen Anteil des Selbstwerts und reagiert daraufhin mit Schutzmechanismen, die sich über die Jahre bewährt haben. Der psychologisch stärkste Schutz ist die Angst. Wenn Angst aufkommt, aktiviert sich ein bekannter Schutzmechanismus und wehrt das ab, wovor wir Angst haben. So funktioniert das auch mit den Selbstzweifeln, die auch zu den Schutzmechanismen zählen. Wir haben z.B. Angst davor nicht gemocht zu werden, nicht dazuzugehören, nicht weiterzukommen, nicht gut genug zu sein.
Die Selbstzweifel sind eine sehr gut funktionierende Maschinerie unseres Geistes. Dieser fängt dann an innere Glaubenssätze, wie „Ich bin nicht gut genug“ zu produzieren. Das macht der Geist, um der Angst aus dem Weg zu gehen und den Stress, welcher durch die Angst entsteht, zu minimieren. Das ist ein ziemlich schlauer Mechanismus des Körpers. Selbstzweifel schützen uns also.
Wie gehen wir am besten mit unserer inneren Stimme um?
An dieser Stelle laden wir unser Sonnenkind und unseren inneren Erwachsenen ein mit dem Schattenkind in den Dialog zu gehen. Das Sonnenkind ist dafür da uns an unsere Stärken zu erinnern und die Positivität zurück in die Situation zu holen. Und der innere Erwachsene übernimmt die Verantwortung für unser Handeln.
In unserer Kindheit waren wir, z.B. durch Entscheidungen und Verhaltensweisen der Eltern, vielen Situationen ausgeliefert und konnten nichts daran ändern. Durch unsere Kindheitserfahrungen haben sich unsere Glaubenssätze bis heute manifestiert. Das kann sich z.B. so anhören: „Ich darf mich nur gut fühlen, wenn ich erfolgreich bin.“ Das muss in der Realität nie so gesagt worden sein, aber in unserer inneren Welt hat sich dieser Gedanke durch verschiedene Vorkommnisse in der Kindheit selbst gepflanzt und wächst bis heute.
Heute sind wir erwachsen und können selbst entscheiden wie wir handeln und mit uns selbst umgehen möchten.
Das, was uns hemmt frei zu entscheiden, sind unsere Schutz- oder Abwehrmechanismen. Ein wirksamer Weg sich frei zu machen von dieser eigenen Hemmung, geht über Bewusstwerdung. Wir müssen lernen unsere Glaubenssätze, die unseren Handlungen zugrunde liegen, zu lesen, denn darin zeigen sich uns unsere Schutz- und Abwehrmechanismen. So können wir das Verhalten unserer inneren Kinder (Stimmen) besser verstehen und ernst nehmen.
Durch das bewusste Verstehen erlangt unser innerer Erwachsener die Kontrolle über unsere Handlungen. Das macht uns freier. Das heißt nicht, dass wir immer die Kontrolle bewahren werden. Unsere inneren Kinder bleiben trotzdem da, aber sie haben nicht mehr so viel unbewusste Macht über uns und unsere Handlungen und so können wir sie als einen Teil von uns akzeptieren .
Was kann mir beim Bewusstwerden helfen?
- Den Fokus mehr auf sich lenken, weniger auf den Vergleich mit anderen
- Achtsam die eigenen Gedanken und Gefühle verfolgen
- Sich selbst aus der Metaperspektive beobachten
- Sich bewusste Pausen einbauen zum Reflektieren oder Meditieren
- Impulse von außen einholen, z.B. von Familie, Freunden, Kollegen oder im Coaching
- Verantwortung für sich und das eigene Wohlbefinden übernehmen
Ein Perspektivwechsel zum Schluss:
Wenn wir nun wissen, dass unsere Selbstzweifel eine Schutzfunktion für uns erfüllen, schaffen wir es vielleicht auch sie anstatt zu bekämpfen ein bisschen mehr wertzuschätzen. Sie erfüllen eine wichtige Aufgabe für uns und sind eine gute Quelle uns selbst besser verstehen zu lernen.
Dieser Artikel ist auch erschienen bei EDITION F – zum Artikel.
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Photocredit: Daniel Cheung
Appell an unsere Selbstzweifel: hört auf zu nerven!